Die Veranstaltung fand am 21.5.2025 im HAU1 statt.
Lange galt der Rechtsstaat als liberaler Garant für Freiheit, Gleichheit und Schutz vor Machtmissbrauch. Doch immer mehr Parteien instrumentalisieren zunehmend den Begriff der Rechtsstaatlichkeit. Dabei werden Grundrechte relativiert, internationales Recht ausgehöhlt und das individuelle Recht auf Asyl infrage gestellt. Kritische Stimmen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Opposition geraten unter Druck – nach dem Vorbild illiberaler Entwicklungen etwa in den USA. Die Institutionen bleiben bestehen – doch ihre Funktionen verschieben sich: weg vom Schutz individueller Rechte, hin zu einer autoritären Ordnungspolitik.
Die vierte Ausgabe der HAU-Diskursreihe “On Justice” fragt: Wie wird Rechtsstaatlichkeit umgedeutet? Welche Strategien verfolgen rechte Akteur*innen – national wie international? Welche Rolle spielen Begriffe wie Staatsräson, illegale Migration und nationale Sicherheit in diesem Umbau? Und wie können Zivilgesellschaft, Justiz und Wissenschaft dem autoritären Drift wirksam entgegentreten?
Gleichzeitig geht es um mehr als Abwehr: Wie kann ein progressives Rechtsstaatsprojekt aussehen, das die Begrenzung staatlicher Macht ernst nimmt und zugleich für eine radikale Demokratisierung aller Lebensbereiche offen ist? Gefragt ist eine klare Verteidigung und Weiterentwicklung des Rechtsstaats – gegen autoritäre Vereinnahmung, für Gerechtigkeit, Teilhabe und Freiheit.
Es diskutieren:
Maximilian Steinbeis, Jurist und Autor, ist Gründer und Chefredakteur des “Verfassungsblog”, der seit 2009 verfassungsrechtliche und rechtspolitische Themen behandelt. Er ist Mitinitiator des “Thüringen-Projekts”, ein Forschungsprojekt, das untersucht, was auf den Rechtsstaat zukommt, wenn eine autoritär-populistische Partei in Thüringen staatliche Machtmittel in die Hand bekommt. Er ist Autor von “Die verwundbare Demokratie. Strategien gegen die populistische Übernahme” (Hanser Verlag).
Judith Kohlenberger ist Kulturwissenschafterin und Migrationsforscherin zu den Themen Flucht, Migration und nationale wie europäische Asylpolitik. In ihrem 2024 erschienen Buch “Gegen die neue Härte” zeigt sie, welch hohen Preis wir für unsere Abschottung zahlen und setzt der neuen Härte ein Konzept der Zugewandtheit und Empathie entgegen.
Marjam Samadzade hat als Anwältin und Staatsanwältin gearbeitet und ist als Richterin am Amtsgericht Ratzeburg tätig. Von Juli 2022 bis Oktober 2023 war sie Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein.
Dr. Alexander Schwarz ist Jurist und leitet beim ECCHR stellvertretend den Programmbereich Völkerstraftaten und internationale Verantwortung. In dieser Eigenschaft unterstützt er Betroffene und Überlebende von Menschenrechtsverletzung und schweren Völkerstraftaten vor nationalen und internationalen Gerichten.